Was ist das Lhermitte-Duclos-Syndrom?
Das Lhermitte-Duclos-Syndrom wird auch Dysplastisches Gangliozytom genannt und zählt zu einer seltenen Neubildung des Kleinhirns, die mit einer abnormen Entwicklung und Vergrößerung des Kleinhirns sowie einem erhöhten Schädelinnendruck einhergeht. Die Erkrankung kann aufgrund einer Mutation im PTEN-Gen auftreten und ist daher auch dem sogenannten PTEN-Hamartoma-Tumor-Syndrom zugehörig. Es kann jedoch auch als Unterform des Cowden-Syndroms auftreten. Das Lhermitte-Duclos-Syndrom bildet sich für gewöhnlich bei jungen Erwachsenen im dritten und vierten Lebensjahrzehnt aus und kommt eher seltener bei Kindern vor. Das Lhermitte-Duclos-Syndrom wurde 1920 erstmals von Jacques Jean Lhermitte und P. Duclos beschrieben und trägt ihren Namen.
Wie wird das Lhermitte-Duclos-Syndrom differenziert?
Laut der Tumor Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zählt das Dysplastisches Gangliozytom zum Grad I der Tumore des zentralen Nervensystems. Das Lhermitte-Duclos-Syndrom zeichnet sich dabei sowohl durch seine gutartigen Neubildungen und einer Fehlbildung aus, was die genaue Einteilung in Tumorstadien noch schwierig macht. Unter Wissenschaftlern ist daher auch umstritten, ob es sich beim Lhermitte-Duclos-Syndrom um ein Hamartom handelt.
Wodurch bildet sich das Lhermitte-Duclos-Syndrom aus?
Das Lhermitte-Duclos-Symptom ist eine genetische Erkrankung, d.h. sie bildet sich durch ein oder mehrere nicht richtig funktionierende Gene (Mutationen) aus. Medizinern ist bekannt, dass vor allem das Tumorsuppressorgen PTEN krankheitsverursachende Varianten des Lhermitte-Duclos-Syndroms auslösen kann. Eine Keimbahnmutation liegt auch beim Cowden Syndrom zugrunde. Eine Mutation von PTEN führt im Kleinhirn zu einer Faltungs- und Zellwanderungsstörung. Generell kodiert das Gen PTEN das multifunktionale Enzym Phosphatase.
Durch welche Symptome äußert sich das Lhermitte-Duclos-Syndrom?
Kleinere Läsionen, die durch das Lhermitte-Duclos-Syndrom hervorgerufen werden, verhalten sich in den meisten Fällen asymptomatisch. Manchmal können sie aber auch folgende Symptome auslösen:
- Kopfschmerzen,
- Zitteranfälle (Tremor),
- Übelkeit,
- Funktionsstörungen des Kleinhirns,
- mechanische Abflussbehinderung im Bereich der ableitenden Liquorwege (Hydrozephalus occlusus),
- Beschädigung von Nervenzellen im Kleinhirn und Rückenmark (Ataxie),
- Sehstörungen,
- Hirnnervenparesen
Handelt
es sich um größere Gangliozytome kann es zu einem sogenannten
Verschlusshydrozephalus mit zerebellärer Dysfunktion und erhöhtem
Hirndruck kommen. Zudem könne folgende Anomalien auftreten:
- vermehrtes Wachstum von Gehirngewebe (Megalenzephalie),
- reduzierte Gyrierung der Hirnrinde (Mikrogyrie),
- Erweiterung des mit Flüssigkeit gefüllten Zentralkanals im Rückenmark (Hydromyelie),
- Auftreten überzähliger Finger oder Zehen (Polydaktylie),
- partieller Gigantismus,
- Riesenzunge (Makroglossie).
Welche Begleiterkrankungen können durch das Lhermitte-Duclos-Syndrom auftreten?
Das Lhermitte-Duclos-Syndrom kann die folgenden Begleiterkrankungen hervorrufen:
- Cowden-Syndrom: autosomal-dominant vererbtes Syndrom, welches Hamartome aller drei Keimblätter ausbildet,
- Störungen der Bildung der Kortikalis (Knochenschicht, die das Innengewebe, die sogenannte Spongiosa, des äußeren Knochens umgibt),
- Heterotopie der grauen Substanz: bilden sich meist in Marklager und Kortex aus,
- Fehlbildung der Hirnrinde (Polymikrogyrie)
Wie wird das Lhermitte-Duclos-Syndrom diagnostiziert?
Das Lhermitte-Duclos-Syndrom kann durch die üblichen bildgebenden Verfahren diagnostiziert werden:
- Röntgenaufnahme:bildet abnormales Gewebe ab, welches die Kleinhirnrinde umfasst und meist auf eine Hemisphäre beschränkt ist. In einigen Fällen kann es sich bis zum Vermis erstrecken, dringt aber nur selten bis zur kontralateralen Hemisphäre vor.
- Computertomografie:zeigt einen Tumor im Kleinhirn an, welcher in manchen Fällen Verkalkungen enthalten kann, und meist auf eine Hemisphäre beschränkt ist. Nur in seltenen Fällen ist auch der Vermis cerebelli betroffen.
- Magnetresonanztomografie:stellt den betroffenen Bereich als tigerfellartiges, gemustertes Gewebe dar. Sofern die MRT mit einem Kontrastmittel durchgeführt wird, können Gadoliniumanreicherung nicht sichtbar gemacht werden.
Aus
histopathologischer Sicht findet man beim Lhermitte-Duclos-Syndrom
dysplastische Purkinje-Zellen, welche hypertroph und nach einiger Zeit
vakuolisiert (von Hohlräumen durchzogen) anschwellen. Beim
Lhermitte-Duclos-Syndrom ist zudem auffällig, dass die Schichtung des
Kleinhirns umgekehrt und die Körnerzellschicht zum größten Teil ersetzt
wird. In der Regel treten dysplastische zerebelläre Gangliozytome
einzeln auf und bilden sich nur einseitig aus.
Wie wird das Lhermitte-Duclos-Syndrom behandelt?
Sollte das Lhermitte-Duclos-Syndrom keine Beschwerden verursachen, ist eine Therapie zunächst nicht notwendig. Sofern neurologische Symptome auftreten, kann der Tumor durch einen chirurgischen Eingriff verkleinert werden, um auf diese Weise auch den Hirndruck zu verringern. Die vollständige Tumorentnahme ist meist nicht notwendig und gestaltet sich aufgrund der Tumorlage in den meisten Fällen auch als äußerst schwierig. Es kommt häufig vor, dass sich der Tumor nach einiger Zeit erneut ausbildet (Rezidiv).
Wie ist die Prognose bei einem Lhermitte-Duclos-Syndrom?
Da das Lhermitte-Duclos-Syndrom an das Cowden-Syndrom erinnert, birgt die Krankheit ein erhöhtes Risiko, andere Neoplasmen wie Brust-, Schilddrüsen- und/oder Gebärmutterschleimhautkrebs auszubilden. Patienten sollten daher in regelmäßigen Abständen bildgebende Kontrolluntersuchungen an diesen Körperstellen vornehmen lassen, um gegebenfalls einen Tumor frühzeitig zu diagnostizieren und zu behandeln.
Wie kann man einem Lhermitte-Duclos-Syndrom vorbeugen?
Bei dem Lhermitte-Duclos-Syndrom handelt es sich um eine Erberkrankung. Da die Erkrankungsursache daher in den Genen liegt, gibt es bislang kaum Präventionsmaßnahmen, um dem Lhermitte-Duclos-Syndrom vorzubeugen. Es gibt jedoch die Möglichkeit, gerade in der Familienplanung, eine genetische Beratung in Anspruch zu nehmen. Auch sollten Familienangehörige eines Betroffenen schnell auf das Lhermitte-Duclos-Syndrom untersucht werden, um ebenfalls frühzeitig eine Behandlung zu beginnen.