Was ist die Von-Recklinghausen-Krankheit?
Die Von-Recklinghausen-Krankheit oder auch Neurofibromatose Typ 1 genannt, ist eine schwere Erbkrankheit, die mehrere Organsysteme, doch besonders das Nervensystem und die Haut betrifft. Von Medizinern wird die Krankheit zu den sogenannten Phakomatosen gezählt. Dies sind Krankheitsbilder, bei denen meist gutartige Tumoren der Haut und des Nervensystems gebildet werden. Doch die Von-Recklinghausen-Krankheit ist auch ursächlich für Veränderungen an den Gefäßen der Haut, des Gehirns, der Augen und der Knochen.
Durch welche Ursachen entsteht die Von-Recklinghausen-Krankheit?
Ursächlich für diese Erkrankung sind die Gene. Bei den betroffenen Patienten ist das sogenannte NF1-Gen mutiert. Dieses sorgt eigentlich für die Bildung des Neurofibromin, welches dafür verantwortlich ist, eben bestimmte Tumore bzw. deren Entstehung zu unterdrücken und somit zu verhindern. Doch durch das defekte Gen entfällt diese wichtige, schützende Wirkung. In etwa 50 % der Krankheitsfälle haben die Eltern diesen Gendefekt an ihre Kinder weitergegeben. Bei den anderen 50 % entstand die Von-Recklinghausen-Krankheit durch eine Spontanmutation des Erbmaterials.
Durch welche Symptome macht sich die Von-Recklinghausen-Krankheit bemerkbar?
Ein besonders typisches Symptom von Neurofibromatose Typ 1 sind Hautknoten, die sich bilden. Zunächst noch vereinzelt und im späteren Verlauf immer zahlreicher. Diese Neurofibrome entstehen dort, wo die Nerven die Haut durchziehen. Größtenteils ist ihr Auftreten breitflächig und gestielt und der Rumpf ist besonders betroffen. Die Neurofibrome liegen entweder auf der Oberfläche der Haut oder sind auch in der Unterhaut tastbar. Ein weiteres Indiz für die Von-Recklinghausen-Krankheit sind Pigmentflecken, die auch Café-au-lait-Flecken genannt werden. Diese Hautflecken kommen zwar auch bei gesunden Menschen vor, doch im Falle einer Neurofibromatose sind diese sehr viel größer und zahlreicher. Die oberflächlichen Flecken sorgen normalerweise nicht für Symptome oder Beschwerden, können jedoch einen Patienten unter dem kosmetischen Aspekt hin sehr belasten.
Als weitere Symptome kommen folgende infrage:
- Knochenveränderungen wie Knochenbrüche, Knochenzysten, Verformungen oder Verwachsungen von Wirbelkörpern, Wirbelsäulenverkrümmung und Verformungen des Schädelknochens,
- Augenveränderungen wie eingeschränkte Sehfähigkeit, wenn der Tumor entlang des Sehnervs liegt. Die Iris weist gelb-braune und rundliche Veränderungen auf,
- vorzeitiger Pubertätseintritt,
- Bluthochdruck und Anomalien von Blutgefäßen,
- Hyperaktivität, ADHS.
Wie wird die Von-Recklinghausen-Krankheit diagnostiziert?
Damit ein Arzt die Diagnose einer Neurofibromatose Typ 1 stellen kann, wird er zunächst ausführlich die Anamnese des Patienten erheben. Sollte die Erkrankung gehäuft in der Familie auftreten, ist dies bereits ein deutliches Zeichen. Die charakteristischen Veränderungen der Haut legen den Verdacht ebenfalls nahe. Der Arzt wird vor allem die Haut, die Augen und das Skelett grünlich untersuchen. Damit die Neurofibrome deutlich identifiziert werden können, ist eine Gewebeprobe unerlässlich. Diese wird dann im Labor feingeweblich untersucht. Die Hauttumore, die von außen nicht zu sehen sind, können mithilfe eines MRT dargestellt werden.
Die Diagnose Von-Recklinghausen-Krankheit wird nach folgenden Kriterien gestellt:
- Es zeigen sich sechs oder auch mehr Café-au-lait-Flecken auf der Haut, die mindestens eine Größe von fünf Millimeter aufweisen.
- Es liegen zwei oder mehr Neurofibrome vor.
- Der Arzt erkennt bei der Untersuchung der Augen, zwei oder mehr fleckige Veränderungen der Iris.
- Es ist gesichert, dass Verwandte ersten Grades an einer Von-Recklinghausen-Krankheit leiden.
- Es finden sich bestimmte Knochenveränderungen bei der Untersuchung des Skeletts.
Sollten zwei oder sogar mehr dieser Kriterien vorliegen, gilt die Von-Recklinghausen-Krankheit als gesichert.
Wie wird die Von-Recklinghausen-Krankheit behandelt?
Bei der Neurofibromatose Typ 1 handelt es sich um eine Erbkrankheit, aus diesem Grund gibt es derzeit keine Therapie gegen die Ursachen und die Krankheit ist auch nicht heilbar. Jedoch ist es möglich, die Symptome und Beschwerden der Neurofibromatose Typ 1 zu lindern. Im Rahmen einer Operation mit Laser oder Skalpell ist es möglich, die Neurofibrome, welche besonders aufgrund der Kosmetik sehr belastend sind oder auch Beschwerden verursachen, zu entfernen. Zudem gibt es das Medikament Selumetinib, welches in Europa zugelassen ist und für Menschen mit Neurofibromatose Typ 1 zur Verfügung steht. Der enthaltende Wirkstoff soll dafür sorgen, dass die Tumore nicht weiter wachsen oder sich sogar verkleinern.
Wie stehen die Prognosen bei der Von-Recklinghausen-Krankheit?
Die Prognose ist vor allem abhängig vom individuellen Verlauf der Krankheit. Sollte sich die Erkrankung auf die Veränderungen der Haut beschränken, stehen die Prognosen günstig. Diese verschlechtern sich jedoch, wenn sich aus den Neurofibromen bösartige Tumore bilden. In solch einem Fall ist, wie bei anderen Krebsarten auch, entscheidend, dass der Tumor frühzeitig erkannt und behandelt werden kann. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die Lebenserwartung bei Menschen mit der Von-Recklinghausen-Krankheit um ca. 15 Jahre verringert ist.
Wie lässt sich eine Von-Recklinghausen-Krankheit frühzeitig bei Kindern erkennen?
Bei Babys zeigen sich meist, schon in den ersten Lebenswochen, als erstes Café-au-lait-Flecken. Bei Babys und Kleinkindern kommen Neurofibrome eher selten vor. Manchmal zeigen sich auch schon Auffälligkeiten im Bereich des Gesichts. Durch eine sogenannte Keilbeindysplasie treten bei Betroffenen die Augen hervor und verschieben sich. Durch die Veränderungen des Nervensystems kann es zu Entwicklungsstörungen kommen und somit sprachliche und motorische Fähigkeiten langsamer ausbilden. Zudem können bei einigen erkrankten Kindern die Lernfähigkeit und die Aufmerksamkeit deutlich gestört sein. Selbst körperliche Ungeschicklichkeiten, Verhaltensauffälligkeiten und Einschränkungen im sozialen Verhalten können Symptome einer Von-Recklinghausen-Krankheit bei Kindern sein. Der Kopf eines erkrankten Kindes wächst zudem in vielen Fällen schneller, was zu Erbrechen und Kopfschmerzen führen kann.